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Ich nickte leicht. War ja auch schon ein paar Monate her. Da war es verständlich, dass sie das nicht länger beschäftigte und ich wollte auch gar nichts wieder aufkochen oder sie aufwühlen. Das erschien mir nicht richtig. Aber ich war froh, dass es zumindest ihr jetzt besser ging. Ich hielt mich gerade noch davon ab zu fragen wie es hier in England so gefiel, denn ich hatte mittlerweile wirklich das Gefühl, sie würde sich unwohl fühlen. Vielleicht weil ich aus versehen doch wieder irgendwas hochgebracht hatte, was sie vergessen wollte.

Auch bei ihren nächsten Worten bekam ich das Gefühl sie würde mich indirekt zum Gehen bitten. Ich nickte. "Mach ich. Und danke.", sagte ich dann, während ich den Tee hinunterstürzte, die Tasse abstellte und mich erhob. "Ich denke ich werde dann jetzt wieder gehen.", sagte ich und schluckte kurz. Ich hätte mich eigentlich gerne noch länger mit ihr unterhalten, aber vielleicht war jetzt nicht der beste Moment... Ich wandte mich in Richtung Tür und hörte dann jemanden aus dem Flur kommen. Es war ein Typ, ungefähr in unserem Alter, der merkliche Augenringe hatte. Ich fragte mich ob es ihr Mitbewohner oder sogar ihr neuer Freund war? "Bis dann. Pass auf dich auf!", sagte ich dann noch schnell an Carina gewandt, weil ich von dem ganzen Trubel hier drüben in England schon mitbekommen hatte. Nicht unbedingt der sicherste Ort aktuell auf der Welt. Ich warf dem Kerl noch ein kurzes "Hi." zu und verschwand dann schnell aus der Wohnung. Er war auch mit den Augenringen echt ganz niedlich. Vielleicht hatte Carina ja endlich jemanden gefunden, der sie so behandelte wie sie es verdiente. Zumindest wünschte ich mir das für sie.

Es war wirklich lieb von Carina, dass sie versuchte mir Beistand zu leisten, obwohl zwischen ihr und Riley bereits Schluss war. Das war wirklich nicht selbstverständlich, weil er ja auch unsere einzige richtige Verbindung war. Ich hätte mich velleicht schonmal früher wieder bei ihr melden können und nicht erst, wenn ich sie brauchte. Aber ich war die letzten Wochen mit den Gedanken immer nur bei meinem Bruder gewesen...Es war seltsam, dass er mich selbst in seiner Abwesenheit immer so einnahm. Das konte er wirklich sehr gut. Keine Ahnung wie er das immer schaffte. Wenn er jetzt wirklich irgendwo auf einem Trip mit Freunden war, dann wär's das definitv fürs erste mit uns beiden. Also vermutlich nicht...Riley konnte sehr überzeugend sein wenn er sich entschuldigte und versicherte mir immer, dass er das wieder gut machen würde. Was er zwar nie tat...Aber wer konnte seinen Geschwistern schon lange böse sein? Ich seufzte leise und nickte. "Vermutlich hast du recht. Ich sollte einfach mal abwarten. Und Tee trinken.", fügte ich mit einem leichten Schmunzeln hinzu und hob meine Teetasse. Ich hoffte zumindest, dass sie Recht hatte. Ich hoffte es so sehr. Aber so schnell starben Menschen doch auch nicht einfach so aus dem Nichts. Es war sicher alles in Ordnung.

Ich verzog die Lippen, als sie sagte er sei ihr fremd gegangen. Jetzt legte ich meine Hand kurz auf ihren Arm. "Das tut mir Leid. Ich dachte echt, er würde die Kurve kriegen, aber offenbar war das nicht der Fall...", sagte ich leise. Carina war wirklich toll, ich hatte mich immer für die beiden gefreut. Ich dachte, dass er sein Leben wirklich in den Griff bekommen würde. Früher hatte er mich manchmal zu den Mädchen mit denen er was hatte vorgeschickt, damit ich es beendete. Weil ich ja so viel feinfühliger war... War ich letztendlich auch. Deshalb hatte ich das tatsächlich getan.

Vielleicht kam mir das nur so vor, weil wir uns so lange nicht gesehen hatten, aber sie wirkte sehr distanziert und irgendwie reserviert, weshalb ich mich automatisch ebenfalls emotional zurückzog. Sie ließ mich auch dann eintreten, wofür ich ihr schonmal sehr dankbar war, weil ich nicht auf dem Flur anfangen wollte zu heulen. Aber irgendwie kochte das gerade ziemlich über. Ich biss mir fest auf die Unterlippe als sie sagte er sei nicht hier. Es war wie ein dumpfer Schlag in die Magengrube. "Oh.", hauchte ich dann leise, als sie sagte sie hätten als Silvester Schluss gemacht. Kurz danach hatte ich auch nichts mehr von ihm gehört. "Okay, danke.", sagte ich mir brüchiger Stimme und atmete ein paar Mal tief durch.

Ich folgte Carina ins Wohnzimmer und setzte mich. Ich bekam erst gar nicht mit, dass der Tee neben mir schwebte, nahm ihn dann aber schnell aus ihrer Hand. "Wie Britisch...", murmelte ich mit dem Anflug eines Lächelns in dem Versuch die Situation etwas aufzuheitern. Aber das fiel mir gerade doch irgendwie zu schwer. Ich nippte leicht an dem Tee. "Ja, vielleicht...", sagte ich leise und hob leicht die Schultern. Es würde wirklich passen, dass er Mom und Dad einfach weiter für sich bezahlen ließ, weil er nicht daran dachte wie viel seine Wohnung eigentlich kostete. Oder, dass er es darauf ankommen ließ ob wir uns Sorgen machten oder nicht. "Und was ist wenn er irgendeinen Unfall gehabt hatte? Vielleicht war er ohne Papiere gewesen und irgendwie entstellt? Er ist doch manchmal so leichtsinnig, gerade mit Muggelfortbewegungsmitteln." Ich holte zittrig Luft und schloss dann einen Moment die Augen um mich zu sammeln. Es brachte ja jetzt auch nichts, das mit Carina zu besprechen. "Tut mir Leid, dass ihr Schluss gemacht habt. Hat er es wieder verbockt?", fragte ich dann. Sie waren immerhin recht lange zusammen gewesen.

Ich war erst seit wenigen Wochen hier in England. Erst einmal hatte ich das mit meiner Arbeit zu Hause klären müssen. Ich hatte leider nicht genau sagen können, wann ich wieder da sein könnte, weshalb ich schließlich dazu genötigt wurde zu kündigen. Allerdings wurden mir vorher noch so viele Aufgaben aufgeschwatzt, dass sich das alles sehr viel länger hinzog als gedacht. Aber ich hatte auch ein paar Patienten, die meine Hilfe sehr schätzten und da konnte ich nicht einfach nein sagen. Auch, wenn es um meinen Bruder ging. Er hatte sich weder bei meinen Eltern, noch bei mir gemeldet und ich hatte das ungute Gefühl, dass er definitiv in Schwierigkeiten steckte. Vielleicht war es ihm aber zu peinlich zuzugeben... Wobei er eigentlich immer um Hilfe gebeten hatte. Zumindest mich. Ich hatte irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft ich ihm aus der Patsche geholfen hatte. Was war jetzt anders? War es so schlimm? Ich war bei seiner Wohnung gewesen. Mehrmals. Aber er war nie da und schließlich hab ich den Vermieter gebeten mich als seine Schwester reinzulassen. Es sah aus, als sei alles seit mehreren Wochen unberührt gewesen. Auf dem Herd stand verschimmeltes Essen was die ganze Wohnung vergiftete. Mit ein paar Zaubern war das schnell wieder weg, aber es machte mich doch nervös. Wie lange war er nicht zu Hause gewesen? Ich ging ein paar seiner Sachen durch, fand auch einen Zweitschlüssel den ich erstmal an mich nahm. Unsere Eltern bezahlten die Miete und er hätte sicher nichts dagegen, dass ich hier mit unterkam. Ich suchte mir auch einen temporären Job in dem Zaubererkrankenhaus hier, das St. Mungo. Ich fand aber absolut keinen Hinweis und letztendlich fand ich mich vor einer ganz anderen Tür wieder. Im Studentenwohnheim der Zaubereruni hier. Ich hatte Carinas Familie gefragt wo sie untergekommen war, weil ich schon seit Längerem keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt hatte. Ich klingelte. Wir hatten uns eigentlich immer ganz gut verstanden, aber es behagte mir nicht, sie jetzt nur wegen Riley zu besuchen. Aber es bestand die Chance, dass sie mehr wusste, oder nicht? Ich musste alles versuchen. Als Carina mir schließlich öffnete, lächelte ich ihr zaghaft entgegen. "Hi Crina.", sagte ich und hob die Hand zögernd.